Frankfurt, Freizeit, Natur|23. August 2011 15:19

Der Eisvogel kommt jetzt zum Zwischenstopp

Der Alte Flugplatz ist eine der großen Attraktionen im Frankfurter Grüngürtel

Einst stiegen hier Helikopter der US-Armee in den Himmel, heute ist aus dem ehemaligen „Maurice Rose Airfield“ in den Niddaauen des Frankfurter Stadtteils Bonames eine riesige Freifläche und Spielwiese für Mensch und Natur geworden. Mitten im Idyll des 4.5 Hektar großen Areals wird jedoch auch die Erinnerung an den Flugplatz bewahrt.

Eisvogel im GrünGürtel

© Uwe Kunze / pixelio.de

Frankfurt am Main (pia) Frankfurts Silhouette wirkt entrückt im Dunst des Spätsommernachmittags. Drachen springen Salto in der Luft und schieben sich für einen winzigen Augenblick vor die vielen Baukräne und Hochhäuser, die am Horizont in den Himmel aufragen. Kinderlachen überdeckt das leise Summen der Stadtautobahn. Die City – so nah und doch so fern scheint sie an diesem Ort. Ein älteres Ehepaar pflückt Brombeeren. Und an den Bäumen reifen glänzend-rote Äpfel.
Einst eine böse Schramme durch die Landschaft

Sieht nicht so Arkadien aus, der alte Traum, den schon die Menschen der Antike träumten, die Rückkehr in den paradiesischen Urzustand? Einst, als das Gelände noch den Namen „Maurice Rose Airfield“ trug, stiegen hier Helikopter in Formation auf und schrammten mit Höllenlärm über den alten Ortskern von Bonames. Doch als die Amerikaner 1992 den Hubschrauberlandeplatz Bonames/Kalbach im Nordosten Frankfurts aufgaben, ließen sie eine riesige Brache, mitten in einer romantischen Flussaue gelegen, zurück. Mit Hangar, Tower und einer asphaltierten Start- und Landebahn, die sich wie eine böse Schramme durch die Landschaft zog.
Die Geschichte soll nicht ausgelöscht werden

Der erste Gedanke der Verantwortlichen damals war: Abreißen, alles muss weg. Drei Hektar versiegelte Fläche sollten einfach verschwinden. Doch das Grün-Gürtel-Team im Frankfurter Umweltamt unter Leitung von Klaus Hoppe hatte eine andere Idee: „Wir brechen die Anlage nur auf, aber wir entfernen sie nicht“, so der Vorschlag. Auf keinen Fall wollte man die Geschichte dieses Ortes einfach auslöschen. So blieb die Landebahn zum größten Teil erhalten. Für Skater, aber auch für kleine Kinder, die Roller- oder Fahrradfahren lernen, eignet sie sich ideal als Übungsfläche. In großen Gitterkästen sammelte man Geröll, als Relikt der Abbrucharbeiten. Auch wurden ganz bewusst einzelne Pl atten des ehemaligen Vorfeldes im Boden belassen; sie sind so etwas wie Stolpersteine, die mitten im Idyll die Erinnerung an den Flugplatz bewahren. Doch der überwältigende Teil des insgesamt 4,5 Hektar großen Areals wurde nicht gestaltet, sondern als riesige Freifläche und Spielwiese den Launen der Natur überlassen. Und so zog wild wuchernde Wildnis ein, wo früher alles streng geordnet war. „Die urbane Gesellschaft sehnt sich nach solchen starken Bildern“, meint Hoppe, „nach einer Differenz zur durchgeplanten Stadt.“ Jedes Mal, wenn man diesen Ort aufsuche, sei er ein anderer. Hier werden eben keine Bäume gestutzt, keine Sträucher beschnitten. Was hier blüht, bleibt dem Zufall überlassen. Oder dem Wind.
Beliebtes Ausflugsziel

Weniger zufällig stellte sich der große Besucherstrom ein, denn schnell wurde der Alte Flugplatz zu einem beliebten Ausflugsziel. 2005 wurde das einzigartige Konzept auch vom Bund Deutscher Landschaftsarchitekten mit einem Preis ausgezeichnet. Arkadien – das ist auch die Sehnsucht nach einer Versöhnung von Mensch und Natur. Die aber schien schwer zu verwirklichen: „Kaulquappen wurden weggefischt, brütende Vögel durch frei herumlaufende Hunde aufgeschreckt oder von laut dröhnenden Modellflugzeugen verscheucht“, erinnert sich Klaus Hoppe. Trotzdem finden sich auf dem Gelände nirgendwo Zäune und Verbotsschilder. Stattdessen sollen so genannte „Landschaftslotsen“ die Leute zur Rücksichtnahme und zu r Achtung der Natur hinführen: „Erläutern, erklären, zeigen“ heißt das Konzept. Und es hat bislang funktioniert. Mittlerweile haben 90 Vogelarten Bonames zu ihrem Heimatflughafen erwählt, in der Brutzeit müssen Hunde jetzt stets angeleint bleiben, dürfen Kinder keine Drachen steigen lassen, Modellflieger bekommen generell keine Starterlaubnis mehr. Schließlich sind auf dem Areal schon einmal der extrem selten gewordene Steinschmätzer, der Eisvogel wie auch der Weißstorch, der zuletzt in den 60er Jahren in Bonames gesichtet wurde, zu einem Zwischenstopp gelandet.
Die Frankfurter lieben ihren Grüngürtel

Doch wenn Arkadien der Ort ist, wo sich Wolf und Lamm vertragen, so sind die Menschen einander immer noch nicht Freund. Das jedenfalls ergab eine Umfrage, die das Umweltamt anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Grüngürtels in diesem Jahr gestartet hatte. Am meisten ärgern sich die Bürger demnach über andere: Spaziergänger über Jogger, Eltern über Hundebesitzer, Fahrradfahrer über alle anderen. Und umgekehrt. Ansonsten hat sich gezeigt, dass die Frankfurter ihren Grüngürtel lieben und als malerischen Naturraum erleben, in dem sie sich vom hektischen Stadtleben erholen. Eine bessere Anbindung soll es in Zukunft noch leichter machen, auch ohne Auto ins Grüne aufzubrechen. Außerdem möchte das Umweltamt künftig die umliegenden Landschaften noch stärker einbeziehen; einzelne Erholungsschwerpunkte sollen andere Gebiete von zu vielen Besuchern entlasten. Und schließlich hat man sich vorgenommen, neue Bevölkerungsgruppen für den Grüngürtel zu interessieren, Migrantenfamilien und Jugendliche zum Beispiel, die sich bislang eher weniger für die Natur an Frankfurts Stadtrand begeistern können. Denn in Arkadien, so verspricht es die alte, immerneue Utopie, ist niemand fremd und niemand Feind.

Barbara Goldberg

Noch druckfrisch kommt die neue GrünGürtel Freizeitkarte in die Bürgerberatung. Von Montag, 22. August, an wird die komplett überarbeitete neue Ausgabe der beliebten Freizeitkarte in der Bürgerberatung im Frankfurt Forum, Römerberg 32, ausgegeben. Dies ist der Start einer Aktions- und Themenwoche bis 26. August, in der Experten der Grüngürtel-Projektgruppe im Umweltamt zu Gast im Frankfurt Forum sind. Gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen der Bürgerberatung bieten sie Aktionen und Informationen rund um den Grüngürtel an. Frankfurterinnen und Frankfurter sind herzlich eingeladen zum Gespräch und zu Aktionen.

© Stadt Frankfurt am Main, Presse- und Informationsamt

 

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