Synagoge in Mainz - Jüdisches Gotteshaus in der Mainzer Neustadt

Synagoge in Mainz

Neue Mainzer Synagoge
© Bernd Bast / pixelio.de

Im Museum für jüdische Volkskunde in Jerusalem hängt eine Tafel mit einer Inschrift, die ungefähr Folgendes besagt: Die Juden sind von Gott nur deshalb erschaffen worden, um fern von ihrer angestammten Heimat verachtet, verspottet, ausgegrenzt, erschlagen, erschossen, erstochen oder vergast zu werden. Diese Einsicht setzt sich wohl bis in die jüngste Geschichte Israels fort und so ist auch die starrköpfige Haltung der jüdischen Politik zu ihren arabischen Nachbarn zu verstehen. In der Inschrift wird auch auf einen der leidvollsten Erfahrungen der Juden mit dem deutschen Volk während der Nazizeit beschrieben. Um so wichtiger ist es, dass es in Deutschland wieder wachsende jüdische Gemeinden gibt und der Neubau der Synagoge von Mainz, der im Jahr 2010 fertiggestellt wurde, ist auch ein Ausdruck der Versöhnung des jüdischen Volkes mit Deutschland. 

Juden in Mainz

Um die Bedeutung der neuen Synagoge von Mainz zu erfassen, muss man wissen, dass die frühsten Spuren einer jüdischen Gemeinde schon im 10. Jahrhundert nach Christus in Mainz nachzuweisen sind. Damit gilt die jüdische Gemeinde von Mainz als eine der ältesten in Deutschland. Zur Jahrtausendwende im Jahre 1000 nach Christus war die jüdische Gemeinde Mainz wegen des Wirkens ihrer Gelehrten ein kulturelles Zentrum des Judentums im Mittelalter. Gershom bar Jehuda war zur Jahrtausendwende einer der bedeutendsten Mainzer Gelehrten des Abendlandes. Seine Verordnungen und Rechtsprechungen waren auch noch für Jahrhunderte nach seinem Tod gültig. Auf dem sehr alten jüdischen Friedhof erinnert auch noch heute ein Gedenkstein aus dem Mittelalter auf diese bedeutende jüdische Persönlichkeit hin. 

Im Mittelalter war es durchaus üblich, dass bestimmte Gruppen, wie beispielsweise Menschen, die den gleichen Beruf ausübten, auch zusammen siedelten. Daher siedelten sich die Mainzer Juden dicht beieinander an. Das jüdische Wohnviertel schloss sich nordwestlich an das Händlerviertel zwischen Fischtor und Karmeliter an und war von den christlichen Vierteln nicht abgetrennt. Es wahr tatsächlich so, dass Christen und Juden in enger Nachbarschaft und in der Nähe von Klöstern und Kirchen koexistierten. Die Kapelle auf dem Flachsmarkt trug sogar den Beinamen „inter judeos“ (mitten unter Juden). 

Dennoch sollte man sich durch die kulturelle Blüte und das autonome Gemeindeleben nicht darüber hinweg täuschen lassen, dass die politische und gesellschaftliche Stellung der Juden im Mainz des Mittelalters gefährdet war. Im Jahre 1096 endete der Aufruf zum 1. Kreuzzug in einem Disaster für die jüdische Gemeinde. Im Rahmen dieses Aufrufes wurden die Juden als Mörder Jesu Christu bezeichnet und schon damals zogen aufgestachelte Horden durchs Land, um die Juden zu vernichten. Der zu dieser Zeit in Mainz herrschende Erzbischof Ruthard flüchtete, um sich seinen Schutzverpflichtungen gegenüber den Juden in Mainz zu entziehen und gab sie so dem Mob preis. Es wurden mehr als 600 Juden ermordet. Aus dieser Zeit wird kolportiert, dass sich der Erzbischof Ruthard vermutlich an den Vermögen der Getöteten bereichert habe. 

Aber auch später entluden sich Aggressionen den Juden gegenüber. So zu Zeiten der großen Pestepidemien im Jahre 1349. Da man der Seuche nicht beikommen konnte, wurden wilde Spekulationen über die Ursache der Krankheit in die Welt gesetzt und die Juden als Brunnenvergifter bezeichnet. Da die Juden in Mainz schon seit 100 Jahren dazu verpflichtet waren, einen Judenhut und einen gelben Stoffring zu tragen, gerieten sie ebenfalls unter Verdacht und waren dem Volksunmut ausgesetzt. 
Im 15. Jahrhundert mussten die Juden infolge des verlorenen Krieges um das Erzstift die Stadt Mainz verlassen. Ihr Vermögen wurde zugunsten des Staates eingezogen und die Synagoge von Mainz wurde in eine katholische Kapelle verwandelt. 
Bis zur Reichsprogromnacht 1938 gab es immer wieder Judenverfolgungen in Mainz. Aber die Nazizeit hat wohl die schlimmsten Auswirkungen nicht nur auf die jüdische Gemeinde in Mainz gehabt.

Die neue Synagoge

Die neue Synagoge Mainz wurde am 3. September 2010 als Nachfolge der früheren Hauptsynagoge von Mainz aus dem Jahre 1912 eingeweiht. Diese wurde im Jahre 1938 während der Progrome zerstört. Die jüdische Gemeinde in Mainz mussten nach dem Zweiten Weltkrieg erst eine kleine Anzahl zurückkehrender Gemeindemitglieder aufnehmen. Bis zum Fall der Berliner Mauer hatte die jüdische Gemeinde in Mainz gerade noch 140 Mitglieder. Durch die hohe Zahl von osteuropäischen Zuwanderern in den 1990ern wuchs die Gemeinde auf ca. 1050 Mitglieder an und somit wurden die alte Synagoge zu klein. 

Daher wurde in 1999 ein Architektenwettbewerb für den Bau einer neuen Synagoge mit einem jüdischen Gemeindezentrum ausgeschrieben. Der Kölner Architekt Manuel Herz gewann den Wettbewerb. Als Baukosten wurden damals rund 11 Mio € geschätzt, die je zu einem Drittel von der Stadt Mainz, der Landesregierung und der Bundesregierung aufgebracht werden sollten. Die Stadt Mainz hatte schon 3,5 Mio € zur Verfügung gestellt. Mit der Baugenehmigung, die im Jahre 2000 erteilt wurde, sollte alles recht schnell vonstattengehen. Aber der Abriss des Gebäudes des Hauptzollamts, das 1955 auf dem Grundstück der alten Hauptsynagoge errichtet worden war, verzögerte sich bis zum Jahr 2008. Die neue Synagoge und das Gemeindezentrum befinden sich jetzt am Platz der alten Hauptsynagoge in der Hindenburgstraße in der Mainzer Neustadt. Das Gemeindezentrum umfasst die Synagoge, einen Festsaal, Mikwe (religiöses Bad zur Reinigung), Gemeindebüros, Sozialdienst, Schulraum, Bibliothek, Sitzungszimmer, die koschere Küche und Wohnungen. Die jüdische Gemeinde hat ein reichhaltiges kulturelles Programm, das auch Menschen nichtjüdischen Glaubens offen steht. 

Die Architektur der neuen Synagoge in Mainz
Mit dem Gebäude soll der Begriff Keduscha (Segensspruch für „Heiligung“ und „Erhöhung“ der jüdischen Liturgie körperlich fassbar gemacht werden. Mit den fünf hebräischen Buchstaben will der Kölner Architekt Herz die fünf Bereiche des Zentrums für die Gemeindeveranstaltungen, Erwachsenenbildung und die Hebräischschule für schulpflichtige Kinder verdeutlichen. Das in östliche Richtung gen Jerusalem zeigende Dach des Versammlungsraumes in Trichterform stellt einen Schofar (Hallposaune, ein altes arabisches Musikinstrument) dar. In der jüdischen Mythologie steht die Schofar für den Austausch mit Gott. Diese architektonische Ausdrucksform der Synagoge soll den Ruf der Gemeinde nach JHWH (Jahwe = Gott), das Hören auf den Ewigen und den Empfang des göttlichen Lichts und seine Weisheit versinnbildlichen. Althergebracht wurde die Gemeinde durch das Erschallen einer Schofar zum Gottesdienst gerufen. 

Mit rund 450 Plätzen hat der Versammlungsraum der neuen Synagoge die fünffache   Kapazität des früheren Raums. Sein Entwurf erinnert sehr stark an den dekonstruktivistischen und symbolhaften Entwurf des Berliner Jüdischen Museums, der von Daniel Libeskind stammt.

Die Magenza-Stiftung unter ihren Schirmherren Kurt Beck, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und dem damaligen Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel hat sich für den Bau der neuen Synagoge und die Erhaltung eingesetzt. Zu den Gründungsstiftern gehören 29 Bürger aus Mainz und der Umgebung.

Die Grundsteinlegung für die Neue Mainzer Synagoge fand am 23. 11. 2008 mit einer feierlichen Zeromonie mit vielen geladenen Gästen statt. Andreas Berg und Dr. Peter Waldmann verfassten den Text der Grundsteinrolle. Schon am 16. 10. 2009 konnte Richtfest gefeiert werden. Der für die Einweihung ursprünglich vorgesehene 17. Juni 2010 konnte wegen witterungsbedingter Bauverzögerungen nicht eingehalten werden und daher wurde die neue Synagoge am 3. September 2010, dem Jahrestag der Einweihung der alten Mainzer Hauptsynagoge aus dem Jahre 1912, eingeweiht. Die Einladung zur Einweihungsfeier haben die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Stella Schindler-Siegreich, Ministerpräsident Kurt Beck und Jens Beutel gemeinsam ausgesprochen. Zur Feier kamen viele ehemalige Mainzer Juden aus dem In- und Ausland, Gemeindemitglieder sowie Bundespräsident Christian Wulff und Yoram Ben-Zeev, Botschafter des Staates Israel.

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Lage des jüdischen Gotteshauses in Mainz
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Erreichbarkeit der Synagoge

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln
In umittelbarer Nähe zur Synagoge befindet sich die Bushaltestelle "Gabelbergerstraße". Hier halten die Buslinien 62, 63 und 92.

Mit dem Auto
Einen größeren öffentlichen Parkplatz gibt es in der Nähe der Synagoge nicht. Generell ist es schwierig, sein Auto in der Mainzer Neustadt abzustellen.
Daher ist es zu empfehlen, eines der Parkhäuser in der Innentsatd zu nutzen,z.B. die Tiefgarage am Rheinufer, und von dort den Bus zu nehmen oder zu laufen.