Marktkirche in Wiesbaden - neugotische, evangelische Kirche in Wiesbaden

Marktkirche

Die Wiesbadener Marktkirche am Schlossplatz wurde 1862 nach 9-jähriger Bauzeit als Nassauer Landesdom in der damals aufstrebenden Kurstadt eingeweiht, nachdem die alte Mauritiuskirche, seinerzeit seit dem Mittelalter die evangelische Hauptkirche in Wiesbaden, 1850 einem Brand zum Opfer gefallen war. Der für die Region so untypische neugotische Backsteinbau mit klassizistischer Fassaden- und Innen-Ornamentik, der im Übrigen nicht an der gleichen Stelle der Mauritiuskirche – dem Mauritiusplatz – errichtet wurde, war zu jener Zeit der größte und erste seiner Art im Herzogtum Nassau. Und das nicht ohne Grund; sollte die Marktkirche doch auch das Prestige der nassauischen Residenz sowie die Kurstadt würdig repräsentieren. Heute ist die fünftürmige Marktkirche mit einer Bauplastik aus gebranntem Tonstein die evangelische Hauptkirche in der Landeshauptstadt Hessens. 

Der mit dem Bau beauftragte deutsche Hofbaumeister Carl Boos (1806; † 1883) hatte sich vorher bereits durch die Errichtung des Wiesbadener Ministerialgebäude empfehlen können. Als Vorbild für seinen ungewöhnlichen neugotischen Bauplan diente die Friedrichswerderscher Kirche in Berlin, welche 1821 vom berühmten preußischen Architekten und Stadtplaner Karl Friedrich Schinkel (1781; † 1841) entworfen wurde. Die Kritiker hielten nicht zurück mit ihren Einwänden am gewagten Entwurf von Boos: Der Ziegelstein, der Gotikstil seien fehl am Platz und die Türme zu hoch. Doch Boos hielt nicht nur an seinen Vorstellungen fest, sondern ging noch einen Schritt weiter, indem er die fünf Türme sogar noch erhöhte. Heute messen der westwärts ausgerichtete Hauptturm circa 98 Meter und die vier Ecktürme, im einzelnen die zwei Seitentürme ungefähr 57 Meter und die zwei Chortürme um die 73 Meter. Damit ist die Marktkirche aus Bruchsteinmauerwerk, eine dreischiffige Basilika ohne Querschiff, bis heute der höchste Bau Wiesbadens. 

Zwei Persönlichkeiten stehen im Zusammenhang mit der Geschichte der Marktkirche in besonderer Weise hervor: Erstens Willy Borngässer (1905; † 1965), der von 1934 bis zu seinem Tode als Pfarrer der Marktkirche fungierte und wegen seiner politischen Gesinnung etliche Male mit den Nationalsozialisten Probleme bekam. So saß er zwischen 1943 und 1945 im Zuchthaus ein. 1968 wurde zu Ehren Borngässers eine Straße im Wiesbadener Stadtteil Klarenthal nach ihm genannt. Zweitens Martin Niemöller (1892; † 1984), deutscher Theologe, führender Vertreter der Bekennenden Kirche und späterer Widerstandskämpfer, der 1937 in der Marktkirche seine letzte Predigt vor der Verhaftung und dem Abtransport in das Konzentrationslager Sachsenhausen hielt. 

Tritt man ein in den 50 Meter langen und 20 Meter breiten Kirchenraum, in den   „lichtgraurötlichen Ton der Wände und Gewölbe, den nur das Weiß der Kapelle und Ornamente unterbricht“ (Zitat von Boos), so tut sich über einem in 28 Meter Höhe der Sternenhimmel auf. Seltsam? Keineswegs, der ist nämlich auf das Deckengewölbe der Marktkirche aufgemalt. Die vom bekannten Wiesbadener Bildhauer Emil Alexander Hopfgarten (1821; † 1859) erstellten Chorfiguren stellen Christus mit den vier Evangelisten Johannes, Matthäus, Markus und Lukas dar. Die zwischen 1953 und 1962 erschaffenen Glasmalereien auf den drei mittleren Chorfenstern zeigen auf der linken Seite die Geburt Christi, rechts die Kreuzigung und mittig seine Auferstehung. Die Kanzel aus goldfarben bronziertem Eisenguss hingegen stammt noch aus dem Gründungsjahr der Kirche. Der Wiesbadener Bildhauer Hanns Wolf Spemann (geboren 1931) hat 1982 eine Weihnachtskrippe in einer besonderen Form aus Lindenholz angefertigt, die alljährlich vom 4. Advent bis zum 2. Februar in der Marktkirche aufgestellt wird. 

Orgeln in der Marktkirche
Die ältere der beiden Orgeln der Marktkirche, die Hauptorgel mit mechanischer Traktur, stammt von der Firma E.F.Walcker & Cie und wurde nur ein Jahr nach Einweihung der Kirche installiert. Einer derjenigen, der an ihr zwischen 1890 und 1896 gespielt hat, war Max Reger (1873; † 1916). Der berühmte deutsche Komponist, Dirigent, Organist und Pianist spielte während seiner Studienzeit am Wiesbadener Konservatorium oft an der Walcker-Orgel in der Marktkirche. Nachdem Reger aufgrund gesundheitlicher Probleme wieder in sein Elternhaus in der Oberpfalz zurückkehrte, wurde die Orgel nach und nach modernisiert. 1900 erst durch eine pneumatische und 29 Jahre später durch eine elektropneumatische Traktur. 1970 erfolgte dann die Anschaffung einer Orgel der Gebrüder Oberlinger mit elektrischer Spiel- und Registertraktur, einem eigenen Spieltisch und insgesamt 6.1098 Pfeifen. 20 ihrer insgesamt 85 Register stammen noch von der alten Walcker-Orgel. Beide Orgeln sind sowohl getrennt als auch zusammen von beiden Spieltischen bespielbar.

Die Glocken und das Glockenspiel der Marktkirche

Die Marktkirche nennt fünf, nein, eigentlich sechs Bronzeglocken ihr Eigen. Zwei davon stammen noch aus dem Einweihungsjahr 1862, wovon aber nur eine, die sogenannte Kinderglocke (gegossen von Andreas Hamm in Franckenthal), noch in Betrieb ist und für den Schlagton a1 sorgt. Ihr Name leitet sich von der Sammelaktion ab, durch die die alte Glocke wieder in die Marktkirche geholt werden konnte: Kinder sammelten für das Unterfangen das nötige Geld ein. Die andere ursprüngliche Glocke mit einem gis’ Schlagton ist nicht mehr funktionsfähig und wird deshalb als Sockel für den Taufstein im Altarraum genutzt. Die vier weiteren Glocken wurden allesamt 1962 von den Gebrüdern Rincker aus Sinn gegossen. Sie tragen die Namen und das Symbol der vier Evangelisten: Die Matthäus-Glocke mit dem Symbol Mensch läutet im Ton h0, die Markus-Glocke mit dem Symbol Löwe im Ton d1, die Lukas-Glocke mit dem Symbol Stier im Ton e1 und die Johannes-Glocke mit dem Symbol Adler schließlich im Ton fis1.

Hoch oben im Hauptturm befindet sich seit 1986 ein wahrer Schatz in der Marktkirche. 290 Treppenstufen führen zum großen Glockenspiel, einem Carillon, das von der niederländischen Glockengießerei Koninklijke Eijsbouts in Asten hergestellt wurde und auf 65 Meter Höhe an einer Stahlkonstruktion aufgehangen ist. Dieses Carillon, was sich im Übrigen vom französischen Wort für „Turmglockenspiel“ ableitet, verfügt über 49 Bronzeglocken und kann sowohl manuell als auch mechanisch bespielt werden. Die Größte unter ihnen (c1) bringt bare 2,2 Tonnen auf die Waage, die kleinste (d5) hingegen vergleichsweise unbeeindruckende 13 Kilogramm. Das insgesamt 11 Tonnen schwere Carillion besteht nach den Initialtönen c1, d1, e1 und f1 aus chromatisch gestimmten Glocken bis zum Ton d5. So können bei Konzerten also auch die Läuteglocken, außer der großen Matthäus-Glocke, im Zusammenspiel mit dem Carillon verwendet werden. Kirchenmusik wird in der Marktkirche sehr groß geschrieben. Es gibt ein großes Angebot an musikalischen Aufführungen: sonnabendliche Orgelmusik- und Carillonmusikonzerte zur Marktzeit, Orgelkonzerte, tägliches automatisches Glockenspiel, Musik im Gottesdienst, Bach-Vespern sowie Konzerte des Marktkirchenchors. Einen Überblick über das aktuelle Konzert- und Gottesdienstprogramm können Sie sich auf der Webseite der Marktkirche verschaffen. 

Burgen und Schlösser in Wiesbaden

  • Besonders beeindruckend ist das Biebricher Schloss mit seinem herrlichen Schlosspark
  • Burg Sonnenberg liegt etwas abseits des Stadtzentrums und war früher eine Raubritterburg
  • Das Jagdschloss Platte wurde aufwendig saniert und ist ein beliebtes Ausflugsziel
  • Das Stadtschloss von Wiesbaden beherbergt heute den Hessischen Landtag
  • Schloss Freudenberg ist eher eine prachtvolle Villa, als ein echtes Schloss

Sehenswerte Kirchen in Rhein-Main

  • Der Dom St. Bartholomäus in Frankfurt war lange Zeit der Krönungsort der deutschen Herrscher
  • Ebenfalls eindrucksvoll präsentiert sich der Mainzer Dom
  • Der Dom St. Peter steht in Worms und lädt ebenfalls zu einem Besuch ein
  • In Aschaffenburg lohnt sich ein Besuch der Stiftskirche St. Peter und Alexander
  • Direkt am Römer in Frankfurt steht die Alte Nikolaikirche
Lage der Kirche in Wiesbaden

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Erreichbarkeit der Kirche

Die Busanbindung zur Marktkirche ist hervorragend. Nehmen Sie die Buslinien 1, 5, 8, 15, 16, 17, 18, 22, 23, 24, und 48 und steigen an der Haltestelle Dern’sches aus. 

Für Besucher, die mit dem Auto anreisen möchten, stehen in der Tiefgarage Markt/Rathaus Parkmöglichkeiten zur Verfügung.