Kultur, Offenbach, Presse, Städte|9. Juni 2011 19:59

Offenbacher Museen schmücken S-Bahn-Abluftschächte

Napoleons lederne Depeschentasche, Goethe und Lili, das d´Orvillsche Puppenhaus: Offenbacher Museen schmücken S-Bahn-Abluftschächte

Stadt Offenbach am Main

© Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

Ein vielstimmiges „Ooohh“ ertönte, als der Aufsichtsratsvorsitzende der Offenbacher Stadtinformation mbH (OSG), Oberbürgermeister Horst Schneider, den Schalter umlegte, um die Abbildungen der Exponate des Deutschen Ledermuseums zu illuminieren. Napoleons Depeschentasche, ein Radio in Krokodilleder, Fetische und Dominaschuhe werden künftig allnächtlich abwechselnd in grün, blau, rot und gelb leuchten. Künftig werben die drei Offenbacher Museen auf den Abluftschächten über dem S-Bahn-Tunnel. Ihre Betonwände sind seit dem Tag ihrer Fertigstellung ein beliebtes Schimpfthema in Offenbach. Oft mit Graffiti beschmiert, passten die fast garagengroßen Luftstutzen so gar nicht zur Offenbacher Schmuckallee, der Berliner Straße. Sie ist ein wichtiges Tor zur Stadt. Und da stören den ersten Eindruck vom Regen aufgeweichte, zerfledderte und wild plakatierte Hinweise auf längst vergessene Veranstaltungen.


Künftig werben die Museen: an der Station Kaiserlei gegenüber der ehemaligen KWU, vor dem Cinemaxx am Ausgang des Bahnhofs Ledermuseum und über der Haltestelle Marktplatz vor dem Neubau der Sparkasse. Offenbachs Oberbürgermeister Horst Schneider, der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Offenbach, Guido Braun, und Michael Homann, Vorstandsvorsitzender der Energieversorgung Offenbach AG, schalteten am späten Dienstagabend gemeinsam die Beleuchtung, die künftig die Freiluftgalerie anstrahlen, ein.

Gestaltet wurden die Motive auf der Außenhaut der Schächte von der Offenbacher Künstlerin Agnes Stockmann. Sie beschränkte die Auswahl auf wenige Exponate die typisch sind für das jeweilige Sujet des Museums. Farbige Lithographien, die Georg Trakls Abendland illustrieren, ein japanisches Schriftzeichen und Rudolf Kochs Symbol für „Body, Mind und Soul“ stehen für das Klingspor Museum. Auf das Haus der Stadtgeschichte weisen Goethe und Lili als Zinnfiguren, eine Lithographie des Musikverlages André sowie das d´Orvillsche Puppenhaus hin.

Realisiert wurde das Projekt von der Offenbacher Stadtinformationsgesellschaft (OSG). Deren Aufsichtsratsvorsitzender, Oberbürgermeister Horst Schneider: „Die gut befahrene Berliner Straße ist ein idealer Ort, um unsere Schätze selbstbewusst zu präsentieren. Offenbach hat einzigartige Museen, die eng mit der Geschichte der Stadt verbunden sind. Die variable Beleuchtung wird in den Nachtstunden hier neue Akzente setzen“. Alle drei Schächte werden nachts aus LED-Leisten angestrahlt. Die Anlage kann vor der Station Ledermuseum das Licht farblich variieren, so dass immer neue Effekte möglich werden. Matthias Müller, Geschäftsführer der OSG: „Wir werden gemeinsam mit der Stadtplanung in den nächsten Monaten sicher noch einige Varianten der Illumination testen“.

Die OSG begleite, so Müller weiter, das Thema Abluftschächte seit dem Tag ihrer Gründung vor über zehn Jahren. Die ursprünglichen Pläne, diese als hochwertige Werbetürme zu gestalten, seien an den Kosten gescheitert. „Es gab einen Gestaltungsvorschlag von der Uni in Darmstadt, den wir gemeinsam mit der Stadtplanung beauftragt hatten, der an exponierter Stelle ein Zeichen gesetzt hätte“. Später sei es gelungen, den Schacht vor der Sparkasse als Bus zu verkleiden. Für die beiden anderen Stellen fanden sich keine Interessenten.

Die nicht-kommerzielle Lösung wurde erst mit der Übernahme der Vermarktung der Schächte durch Ströer Deutsche Städtemedien von der Deutschen Bahn AG möglich. Müller: „Die jährliche Pachtzahlung ist jetzt tragbar“. Ohne Partner wäre das etwa 60.000 Euro teure Projekt dennoch in der Schublade verschwunden. Realisiert werden konnte das Vorhaben nur, weil es von der Sparkasse Offenbach und der Energieversorgung Offenbach AG großzügig unterstützt wurde.
In ihre Rede zur Eröffnung bezeichnete Agnes Stockmann, die bei der Gestaltung von Joh Pahlow unterstützt wurde, ihr Werk als „Kunst „en passant“. Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger – auf dem Weg zur Arbeit, ins Kino, nach hier und da mögen sich angesprochen fühlen, einmal hineingehen ins Museum.

Stockmann. „Als Künstler, die wir selbst hin und wieder Ausstellende in den Museen sind – exponieren wir einmal die Museen selbst. Wir sind durch die Sammlungen gestreift, haben überlegt, welche Schätze sich eignen im manchmal etwas lauten Umfeld, welche auf Dauer mit ihrer Rätselhaftigkeit bestehen“.

Am Marktplatz, so Stockmann weiter, wartet man an der Haltestelle auf einen Bus. Zeit zu lesen. Etwa in dem übergroß dargestellten Buch von Robert Schwarz, ein Gedicht von Georg Trakl: Abendland. An der Ludwigstraße vorbei frage sich der Reisende, was der wilde Mann mit dem großen, riesigen Kofferradio mache. Am Kaiserlei verlasse man die Stadt mit einem Wort: „salto“. Rätselt, was mag es bedeuten: Eine verschlüsselte Warnung: „Gib acht im Kreisverkehr“?

Kehre man zurück, fällt das große A ins Auge und Napoleon, was macht DER hier, ist DER politisch überhaupt korrekt? Im gewohnten Abendstau in die Berliner lassen sich Bilder betrachten: Bode, Martin, Plaueln und – brandaktuell – Mike Bouchet: Crime Requires further Crime to Conceal it.

Matthias Müller abschließend: „Das Projekt ist auf fünf Jahre ausgelegt. Wir rechnen damit, dass die Farben etwa solange kräftig strahlen. Es hat lange gedauert, bis meine kleine Gesellschaft das Projekt stemmen konnte. Es hat geklappt, weil viele Menschen und Institutionen immer im Hintergrund geholfen haben, wie beispielsweise Stadtplanung und Bauaufsicht. Besonders möchte ich mich bei Agnes Stockmann bedanken, die nicht nur gestaltet, sondern auch die Gespräche mit dem Forum Kultur und den Offenbacher Museen geführt hat“.

(Pressemitteilung der Stadt Offenbach)

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