Nach der gelungenen Premiere im Vorjahr bietet die Stadt Offenbach zum zweiten Mal einen DeutschSommer an. Seit 27.Juni sind 47 Kinder für drei Wochen in der Jugendherberge Büdingen und arbeiten gemeinsam mit Pädagogen an ihrer Sprachkompetenz: Satzbau, Grammatik. Präpositionen und Artikel stehen vormittags auf dem Programm, ergänzt wird der Unterricht mit Theaterspielen, die das gelernte vertiefen helfen. Aber auch bei den Nachmittagsaktivitäten liegt der Schwerpunkt bei der Vermittlung von expliziten Sprachstrukturen.
„Die Kinder können Deutsch, allerdings fehlen differenzierte Sprachkenntnisse“, erläutert Nicola Küpelikilinc, Psychologin und Expertin für die Deutsch-als-Zweitsprache-Vermittlung, die den DeutschSommer als Fachkraft begleitet. Die meisten Kinder mit Migrationshintergrund hätten bereits Strategien entwickelt, um ihre mangelnde Ausdruckfähigkeit zu kaschieren. Häufig äußere sich dies in einer Ausdrucksweise, die „ungefähr“ bleibt. Da den Kindern die sprachliche Sicherheit fehlt, sprechen sie häufig leiser und verschlucken Teile des Satzes. Problematisch allerdings wird dies, wenn es darum geht, Textaufgaben zu verstehen. Dann, meint die Expertin, kämen die Kinder unweigerlich an ihre Grenzen, da bereits eine andere Präposition einen anderen Sinnzusammenhang bedeuten kann. Zudem: Lehrer in der Schule könnten diese Defizite im Schulalltag nicht auffangen.
Ein Tridem aus DaZ (Deutsch-als Zweitsprache)-Fachkraft, einem Theaterpädagogen und einem Sozialpädagogen kümmert sich nun um eine Gruppe mit jeweils 15 Schülern, insgesamt sind 11 Fachkräfte für die 45 Kinder in Büdingen verantwortlich. Die Sozialpädagogin Solveig Härtel betreut die rote Gruppe und ist während der drei Wochen ständiger Ansprechpartner für die Jungen und Mädchen: „Da jeder Betreuer andere Kompetenzen und Interessen mitbringt, können wir den Kindern viele Aktivitäten anbieten. Wichtig ist, dass bei allen Spielen das Deutschlernen nicht zu kurz kommt“. Vor allem Ausflüge in den Wald stehen bei den Kindern hoch im Kurs, aber auch ihr Yoga-Angebot werde von den Kindern begeistert angenommen. Ein Highlight für die Kinder sei auch die Gespensterjägerjagd im Wald gewesen, berichtet die Härtel. Schließlich lesen die Kinder gerade in dem Buch „Gespensterjäger auf eisiger Spur“ von Cornelia Funke und kennen sich schon aus mit UEGs (Unheimlich ekliges Gespenst) und MUGs (Mittelmäßig unheimliches Gespenst). Dazu bereiten sie auch gerade ein Theaterstück vor, das am Abschlusstag für die Eltern aufgeführt wird.
„Die Bereitschaft der Eltern, ihre Kinder für drei Wochen in fremde Obhut zu geben, ist in diesem Jahr um einiges besser gewesen“, berichtet Waltraud Klopf: „Die Schulen haben gute Vorarbeit geleistet.“ Sie hat das Projekt auch in diesem Jahr wieder organisiert, kümmert sich vor Ort und nimmt schon mal den Anruf einer besorgten Mutter entgegen. Denn Fernsehen, Telefon und andere technische Geräte sind für die Kinder während des DeutschSommers tabu. In der ersten Woche haben die Kinder die Nächte noch zuhause verbracht, seit der zweiten Woche sind sie nur am Wochenende zu Hause.
Auch Paul-Gerhard Weiß, Bildungsdezernent der Stadt Offenbach, ist überzeugt: „Der DeutschSommer ist angekommen“. Während im vergangenen Jahr noch um Teilnehmer „gekämpft werden musste“, war die Nachfrage in diesem Jahr größer als das Angebot: „Wir hätten auch 74 Kinder mitnehmen können“. Die Lehrer haben als Multiplikatoren mitgearbeitet und unter den Eltern gab es positive Mund- zu-Mund-Propaganda. Daher konnte eine Auswahl getroffen werden und die 47 Kinder in Büdingen sind jene, die den größten Förderbedarf haben, die aber auch am meisten profitieren können.
Dass der DeutschSommer wirkt, zeigen die guten Ergebnisse des ersten Jahres, bei denen die Kinder ihre unterrichtsfähigen Deutschkenntnisse nachweislich steigern konnten. 13 der 14 Grundschulen haben in diesem Jahr Kinder für den DeutschSommer angemeldet, insgesamt sind 25 Nationen vertreten.
Das Sprachförderprogramm DeutschSommer realisiert die Stadt Offenbach gemeinsam mit Partnern, so stellen auch die Dr. Marschner-Stiftung und das Hessische Kultusministerium jeweils 30.000 EURO zur Verfügung. Hinzu kommen regionale Partner wie Deutsche Bank und Polytechnische Gesellschaft Frankfurt, das Deutsche Jugendherbergs-Werk und die Firma Bayam Consulting & Communication GmbH. Aber auch das Klingspor-Museum unterstützt das Projekt und die Stadtbücherei Offenbach schickt nicht nur den Bücherbus, sondern hat auch jedem Kind einen Bibliotheksausweis in die Schatzkiste gespendet. Schließlich gibt es noch viele spannende Bücher zu entdecken und die Lust am Lesen und der Sprache ist bei den Kindern sicher geweckt.
(Pressemitteilung der Stadt Offenbach am Main)
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