Arbeit & Beruf, Wirtschaft|3. Oktober 2022 04:35

Arbeitszeiterfassung – für wen gilt es?

Eine Frau scannt eine Karte an einem Gerät zur ArbeitszeiterfassungDie Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeit stellt sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer eine Kontrolle darüber dar, ob die im Arbeitsvertrag geregelte Arbeitszeit eingehalten wird. Das spielt spätestens dann eine Rolle, wenn es zu Streitigkeiten zwischen beiden Parteien kommen sollte, welche sich auf das Thema Arbeitszeit beziehen.

In Deutschland gibt bisher noch kein Gesetz die Zeiterfassung vor. Warum es dennoch wichtig ist, sie bereits jetzt im eigenen Unternehmen umzusetzen, erfahren Sie hier.

Was bedeutet Arbeitszeiterfassung?

Der Regelung der Arbeitszeiterfassung liegt das 1994 beschlossene Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zugrunde, welches für Arbeitsverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland gilt. Es regelt Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten, Pausen und mehr.

Von diesen Regelungen ausgenommen sind etwa Chefärzte, Schiffsbesatzungen und der öffentlich kirchliche Dienst sowie leitende Angestellte und Geschäftsführer. Für diese Berufsgruppen und Positionen wären die gesetzlichen Bestimmungen nicht umsetzbar, da sie flexibel sein müssen.

In Deutschland ist es bisher nur gesetzlich vorgeschrieben, Überstunden, Sonntags- und Nachtarbeit zu erfassen. Allerdings gestaltet sich das schwierig, wenn keine Informationen über Beginn und Ende der Arbeitszeiten von Mitarbeitern vorliegen.

Was macht die Zeiterfassung so wichtig?

Mithilfe der täglichen Arbeitszeiterfassung kann ein Überblick über die geleistete Arbeit von Angestellten besser bewahrt werden. Auch für Arbeitnehmer ist das wichtig, da sie so besser nachweisen können, wie viel Zeit sie wirklich im Betrieb oder Büro verbracht haben.

Weiterhin gelten folgende Punkte:

  • Gesetzlich vorgeschriebene Pausen und Ruhezeiten können vom Arbeitgeber kontrolliert werden, da auch sie durch die Zeiterfassung festgehalten werden.
  • Bei zu vielen Überstunden oder einer Missachtung der Pausenzeiten durch Mitarbeiter ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, aufgrund seiner Fürsorgepflicht einzuschreiten.
  • Arbeitnehmer können hingegen kontrollieren, ob (erlaubte) Überstunden ordnungsgemäß aufgezeichnet und bei der Auszahlung des Lohns berücksichtigt wurden.

Ist es Pflicht, die Arbeitszeit zu erfassen?

Am 13. September 2022 wurde vom Bundesarbeitsgericht ein Urteil gefällt, welches die systematische Arbeitszeiterfassung in Deutschland zur Pflicht macht. Diese wurde mit der Auslegung des deutschen Arbeitsschutzgesetzes nach dem sogenannten Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) begründet.

Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs

Mit diesem Urteil vom Mai 2019 hat der EuGH Arbeitgeber dazu verpflichtet, die volle Arbeitszeit ihrer Beschäftigten ab der nullten Stunde systematisch zu erfassen. Auch wenn es also noch keine gesetzliche Regelung darüber gibt, ob und inwiefern die Arbeitszeit in Deutschland erfasst werden muss, ist davon auszugehen, dass es noch dazu kommen wird.

Wer darf die erfassten Zeiten einsehen?

Da es sich bei jeder Arbeitszeiterfassung um die Aufzeichnung personenbezogener Daten handelt, sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, sich an die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu halten. Arbeitgeber können und müssen grundsätzlich die Arbeitszeit erfassen und darauf bezogene Daten auswerten. Dabei verpflichten sie sich dazu, ein System einzuführen, welches die tatsächliche Arbeitszeit von jedem Mitarbeiter aufzeichnet.

Die verschiedenen Systeme zur Arbeitszeiterfassung

Faktoren wie Unternehmensgröße, Grad der Digitalisierung, Branche und vertretenen Arbeitszeitmodellen bestimmen über die Wahl eines Systems zur Erfassung der Arbeitszeiten. Folgende Optionen werden dabei am häufigsten verwendet:

  • Stationäres System: Die An- und Abmeldung der Mitarbeiter erfolgt in den Betriebsstätten mittels Karte, Chip, Smartphone oder Fingerabdruck. Entsprechende Geräte sollten in Eingangs- und Ausgangsnähe platziert sein.
  • Niederschrift: Diese Methode zur Zeiterfassung existiert schon sehr lange. Die Mitarbeiter füllen dazu einen sogenannten “Stundenzettel” aus. Besonders in der Baubranche oder im Zuge von Projekten ist diese Methode noch verbreitet.
  • Excel-Tabelle: In kleineren Unternehmen werden gerne Excel-Tabellen zur systematischen Erfassung der Arbeitszeiten verwendet. Nachteil dabei ist jedoch, dass ein Mitarbeiter dafür verantwortlich sein muss, die Tabelle zuverlässig auszufüllen. Durch Fehler oder sogar Manipulation können hier schnell falsche Ergebnisse entstehen.
  • Desktop oder Smartphone: Dabei wird die Arbeitszeit mittels Mausklick oder Einstellung in einer App registriert.

Gut zu wissen: Die traditionelle “Stechuhr” wird heute in der Regel nicht mehr zur Arbeitszeiterfassung eingesetzt. Allerdings hat sich der Begriff bis heute gehalten, weshalb oft von “ein- und ausstechen” die Rede ist, wenn über die tägliche Erfassung der Arbeitszeit gesprochen wird.

Fazit

Die Arbeitszeiterfassung ist in Deutschland noch nicht gesetzlich vorgeschrieben. Aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2019 ist sie dennoch Pflicht in Unternehmen. Das systematische Aufzeichnen der Zeiten bringt sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern viele Vorteile. Erbrachte oder nicht erbrachte Leistungen lassen sich so besser nachweisen. Das gilt auch für die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Bedingungen.

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