Kultur, Leben, Mainz|12. Februar 2019 15:07

Die Mainzer Fastnacht | Themenmonat Fastnacht & Karneval

Till Eulenspiegel im Rosenmontagszug in MainzDie fünfte Jahreszeit wird in Mainz groß gefeiert, ehe die vierzigtägige Fastenzeit am Aschermittwoch beginnt. In Mainz und Umgebung wird die fünfte Jahreszeit als Fastnacht bezeichnet, so wie im gesamten südwestdeutschen Raum und in Teilen der Schweiz. In Süddeutschland und Österreich wird eher der Begriff Fasching verwendet und im übrigen Deutschland, vor allem Rheinland wird das närrische Treiben als Karneval bezeichnet.
Hier nehmen wir die Mainzer Fastnacht genauer unter die Lupe – eine Übersicht über das närrische Treiben an Fastnacht im gesamten Rhein-Main-Gebiet gibt es übrigens hier.

Eckdaten zur Mainzer Fastnacht

  • 11.11.: Verkündung des närrischen Grundgesetzes auf dem Schillerplatz
  • 1.1.: Neujahrsumzug als Start der Kampagne
  • Weiberfastnacht: Am Donnerstag vor Rosenmontag ab 11:11 Uhr am Schillerplatz, Auftakt zur Straßenfastnacht
  • Fastnachtssamstag: Seit 1957 findet der Mainzer Jugendmaskenzug am Fastnachtssamstag statt (dieses Jahr ausnahmsweise schon 14 Tage vorher). Kinder und Jugendliche der Mainzer Schulen maskiert durch die Stadt
  • Fastnachtssonntag: Parade der Garden und Präsentation der Motivwagen ab 13:11 Uhr auf der Lu
  • Rosenmontagszug: Ab 11:11 Uhr findet einer der größten Rosenmontagsumzüge Deutschlands statt

Kurzer Blick in die Geschichte

Die Ursprünge der Fastnacht reichen weit zurück, die ersten Überlieferungen stammen aus dem 14. Jahrhundert. Zumindest wurde das Wort „Fastnacht“ damals erstmals erwähnt. Mit dem heutigen bunten Treiben ist dies allerdings nicht zu vergleichen, viel eher ging es um Ausschweifungen und Völlerei in den Tagen vor Aschermittwoch, dem Beginn der Fastenzeit. Im 15. Jahrhundert wird dann aus Mainz von einem unorganisierten Fest mit Maskerade, Tanz, Essen und Trinken berichtet. Am Hof des Kurfürsten wurde ebenfalls ein Fest gefeiert, bei dem die Rollen bei Hof durch ein Los bestimmt wurden. Diese Tradition wurde bis 1775 begangen. Parallel dazu fanden zahlreiche Maskenbälle statt, die allerdings der Oberschicht vorbehalten waren. Diese erfreuten sich bis ins 19. Jahrhundert großer Beliebtheit.
Der erste Fastnachtsumzug fand 1837 statt, es handelte sich um den so genannten Krähwinkler Landsturm, Eine 15köpfige närrische Bürgerwehr war mit dabei, zwei Motivwagen und an der Spitze der „Held Carneval“. Das war der Grundstein für den ersten Rosenmontagszug von 1838 war damit gelegt. Von Jahr zu Jahr wuchs das närrische Treiben, es wurden zahlreiche Vereine und Garden gegründet und die Fastnacht entwickelte sich zu einem gesellschaftlichen Ereignis in Mainz.
1913 kamen 100.000 Menschen zum Rosenmontagszug. Der Erste Weltkrieg und die Inflation führten zu einem Zusammenbruch des närrischen Treibens, das sich in den 1920er Jahren langsam wieder erholte. 1926 betraten dann die Mainzer Hofsänger die Bühne.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden viele Vereine aufgelöst, andere gleichgeschaltet. RPogramm und Texte von Sitzungen mussten der Partei vorgelegt werden. Im Zweiten Weltkrieg gab es keine Kampagnen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war es dann der französische Stadtkommandant, der eine Wiederbelebung der Mainzer Fastnacht anstrebte. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten gründeten sich Vereine neu, andere nahmen ihre Aktivitäten wieder auf, 1950 fand dann der erste Rosenmontagszug nach dem Krieg statt. 1955 wurde die erste Fernsehsitzung „Mainz wie es singt und lacht“ übertragen und 1957 zog der erste Jugendmaskenzug am Fastnachtssamstag durch die Stadt.
Inzwischen gibt es in Mainz mehr als 20 Fastnachtsvereine und ebenso viele Garden, der Rosenmontagszug lockt jedes Jahr rund 500.000 Zuschauer in die rheinlandpfälzische Landeshauptstadt und die Fernsehsendung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“, zieht Jahr für Jahr Millionen Zuschauer in ihren Bann.

Farben und Symbole der Meenzer Fassenacht

Die Farben der Fastnacht in Mainz sind rot, weiß, blau und gelb. Ob es sich dabei um eine Veräppelung der französischen Fahne, der Trikolore, handeln soll, ist nicht gesichert, da die Farben ursprünglich in beliebiger Kombination verwendet wurden und erst seit einigen Jahrzehnten in der genannten Reihenfolge eingesetzt werden.

Die Narrenzahl 11 ist ebenfalls allgegenwärtig. Das närrische Treiben beginnt am 11.11., jede Sitzung hat einen Elferrat usw.
Die Deutungsversuche sind vielfältig. Ein Ableitungsversuch ergibt sich wieder durch die Franzosen E = egalité, L = liberté, F = fraternité, damit wäre der Wahlspruch Frankreichs auf die Schippe genommen. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Ursprünge schon viel älter sind und eher einen christlichen Ursprung haben – im Mittelalter war die 11 ein Symbol für Sünder.

Mainz und die politisch-literarische Fastnacht

Mainz ist die Hochburg der politisch-literarischen Fastnacht. Während in anderen Regionen Deutschlands der Karneval von Kokolores und Halligalli geprägt ist, sind die literarisch-politischen Vorträge fest in der Mainzer Fastnacht verwurzelt.
Diese Tradition entstand im 19. Jahrhundert in Folge der Französischen Revolution und der Mainzer Republik. Die Sehnsucht der Menschen nach einem geeinten Deutschland an Stelle der zahlreichen Kleinstaaten und die Auseinandersetzungen zwischen althergebrachten Herrschaftsstrukturen und der nach Freiheit strebenden Bevölkerung bildeten die Ausgangslage. Viele Intellektuelle, die Zensur und Verfolgung fürchten musste, flüchteten sich in die Fastnacht und versuchten dort, ihre Kritik in scharfzüngigen und satirischen Büttenreden zu äußern. Um sich selbst zu schützen, wurden in den Reden allerlei literarische Stilmittel verwendet, vor allem Metaphern, Vergleiche und Anspielungen, die in Reime verpackt wurden. Aber nicht nur in Reden wurde die Obrigkeit kritisiert, die Mainzer Garden stellen eine Persiflage des Militarismus dar.
Inzwischen muss zwar keiner der Redner mehr um Leib und Leben fürchten, vor Zensur ist allerdings nicht jeder sicher, zumindest, wenn er in einer der Fernsehsitzungen, wie zum Beispiel „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“, auftreten möchte. In den Sitzungen der Vereine geht es oft deutlich kritischer und derber zu, da muss sich so mancher Politiker ein ordentlich dickes Fell zulegen, aber wehe, er erscheint nicht (das gilt natürlich in erster Linie für die Lokalpolitiker).

Wenn nun das Interesse geweckt ist, dann ist ein Besuch des Rosenmontagszugs in Mainz zu empfehlen oder in der nächsten Kampagne der Besuch einer Sitzung. Wer es lieber erstmal ein wenig langsamer angehen lassen möchte, kann sich das Mainzer Fastnachtsmuseum anschauen oder sich in das Lexikon der Mainzer Fastnacht vertiefen.

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