Das Dialogmuseum Frankfurt
Das 1988 gegründete Dialogmuseum in der Hanauer Landstraße 139-145, unweit der Großmarkthalle im Frankfurter Ostend, findet mit mehr als 6 Millionen Besuchern aus über 25 Ländern weltweiten Anklang. Davon zeugen weltweite Ausstellungen unter gleichem Namen in Hamburg, Zürich, Glasgow, Helsinki, Stockholm, Mailand, Tokyo u.a.
Inmitten der Finanzmetropole Frankfurt am Main befindet sich mit diesem privaten und sozialen Unternehmen eine Perle, die man hier so nicht erwartet, denn sie leuchtet in ganz anderen Farben als das schnelllebige Wirtschaftsleben, das von Geld, Macht und Erfolgsdenken bestimmt wird. Das Dialogmuseum ist kein normales Museum, denn es gibt nichts zu sehen, keine Exponate, und keine Wissensanhäufung der Welt hilft einem dabei, sich auf den Besuch im Museum vorzubereiten.
Die Philosophie des Dialogmuseums basiert auf Erlebnispädagogik, das heißt, das Anliegen ist es, den Besuchern mit Hilfe von Erleben und aktivem Handeln einen Spiegel in die Hand zu drücken, in dem sie versteckte, verborgene, ungenutzte Seiten von sich selbst entdecken können. Anders als in konventionellen Museen geht der Aktionsradius des Besuchers im Dialogmuseum weiter über das reine Betrachten hinaus, das immer eine Art Distanz schafft zwischen der Welt und einem selbst. Das Konzept stammt aus dem Jahr 1988, als Andreas Heinecke eine Ausstellung ohne Exponate aber mit einem reichen Entdeckungsschatz ausarbeitete. Die Eckpfeiler seiner Überlegungen waren und sind, den Besucher einzuladen,
* den Mut aufzubringen, sich auf Neues, Ungewohntes einzulassen,
* aus direktem Handeln direkte Erfahrungen zu ziehen,
* alle zur Verfügung stehenden Sinne zu nutzen,
* eigene Lebensrollen und Perspektiven von Alltagswirklichkeit auszuloten.
Der außergewöhnliche Schachzugdes Museums ist es, den Besuchern des im täglichen Einerlei so bewährten Sehsinns zu berauben, indem die Ausstellungsräume ganz und gar in Dunkelheit getaucht werden. Dadurch wird die Aufmerksamkeit und Lernbereitschaft des Besuchers gesteigert.
Zur Seite stehen dem Besucher im Dunkeln die besten Experten, die man sich unter solchen Bedingungen nur wünschen kann: Sehbehinderte. Und genau hier beginnt dann das, was schon im Namen des Museums anklingt – ein Dialog zwischen Sehenden und Sehbehinderten, ein Dialog zwischen Menschen. Ein Dialog unter gleichen Vorzeichen in neutraler Umgebung, denn keiner der beiden Parteien sieht hier die eigenen Hände vor den Augen. Wenngleich der Sehbehinderte natürlich einen Heimvorteil genießt, denn die Dunkelheit ist seine Normalität.
Insofern versteht sich das Museum als Wegweiser für den Abbau von Vorurteilen, die Schaffung von Begegnungen und Ermöglichung persönlicher Integration in Aktion, wo andere darüber nur zu reden scheinen. Im Dialogmuseum stehen schwerbehinderte Menschen als Führer, Sachkenner und Repräsentant in der ersten Reihe, um den hilfsbedürftigen nichtbehinderten (wenn es so was gibt) Besuchern bei der (Neu-) Orientierung behilflich zu sein. 70% der Angestellten im Dialogmuseum sind Menschen mit Behinderungen, seit 1988 waren hier mehr als 5000 Blinde angestellt. Insofern ist es nur folgerichtig, dass das Dialogmuseum vom Integrationsamt des LWV Hessen, von der BonVenture Group München und dem Blinden- und Sehbehindertenverbund Hessen e.V. unterstützt wird.
Das Dialogmuseum begreift Lernen als fortlaufenden Bestandteil des Lebens durch Begegnungen, anhand derer man sich und die Welt begreift. Diese Begegnungen mit sich und der Welt sind für den Besucher in den drei Bereichen des Museums möglich:
Dialog im Dunkeln
Die Besucher werden von den sehbehinderten Führern durch sechs abgedunkelte Räume geführt, die verschiedenen Szenarien, wie etwa einer Kantine oder einem Park, nachempfunden sind. Die Abwesenheit von jeglichem Licht schafft eine Chancengleichheit, da in dem dunklen Raum nur die menschliche Stimme und der Inhalt des Gesprochenen existieren. Ideale Voraussetzungen für vorurteilsfreie Begegnungen und wahrhafte Dialoge. Der Religionsphilosoph Martin Buber (1878-1965) sagte: „Die einzige Form zu lernen, besteht in der Begegnung.“ In diesem Sinne reduziert die vorherrschende Dunkelheit in den Räumen den Besucher also auf die unmittelbare Einfachheit der Wahrnehmung und öffnet somit Tor und Tür zu Neuem, Begegnungen und verborgenen Fähigkeiten in uns.
Casino for Communication
Dieses Casino, das keines ist, wurde entwickelt von der französischen Ausstellungsplanerin und Psychologin Orna Cohen und nimmt den Besuchern ihre körperlichen und intellektuellen Fähigkeiten, um alle Beteiligten auf eine Stufe zu bringen und so wirkliches Verstehen und Kennenlernen zu ermöglichen. Es geht bei den angebotenen Spielen nicht darum, sich gegen andere Gegenspieler durchzusetzen, sondern um das Finden von Lösungen in Zusammenarbeit mit den Mitspielern. Ganz nach dem griechischen Philosophen Platon (428-348 v. Chr.): „Beim Spielen kann man einen Menschen in einer Stunde besser kennenlernen als im Gespräch in einem Jahr.“
An den neun Spieltischen steht also das Miteinander über dem Gewinnen, soziale Kompetenzen über Willenskraft, kommunikative Fertigkeiten über Durchsetzungsvermögen. Kein Glück, kein Vergleich sind nötig, sondern nur das Einbringen der eigenen Persönlichkeit in den Gruppenprozess. Am Ende wissen die Besucher mehr über sich und wo ihre eigenen Stärken liegen. Aufgaben werden gemeinsam gelöst, und am Ende besteht die Möglichkeit, sich ein persönliches Kommunikationsprofil ausstellen zu lassen. Die Spiele können in Gruppen von zwei bis fünf Spielern gespielt werden, wobei jedes Spiel maximal zehn Minuten dauert. Da die Spielregeln einfach zu verstehen sind, garantiert das Casino einen tollen Spaß ohne Konkurrenzgebaren für die gesamte Familie, inklusive den ganz kleinen.
Taste of Darkness
Das Erlebnisrestaurant im Dialogmuseum ist ebenfalls in Dunkelheit eingebettet und richtet sich vollends konträr zu dem Mantra der internationalen Cuisine aus, wonach das Auge maßgeblich mitisst. Während in noblen Restaurants minimalistische Portionen höchst kunstvoll und überschaubar wie ein Stillleben auf dem Teller drapiert werden, besticht das Konzept des Restaurants im Dialogmuseum durch den alleinigen Fokus auf die Sinne, die unmittelbar mit dem Essvorgang in Verbindung stehen. Die Geruchs- und Geschmackssinne werden in unserem Alltag nicht sonderlich gefordert und meist vom Sehsinn überlagert. Hier aber genießen Sie die verschiedenen Menügänge, die Ihnen von blinden Bedienungskräften serviert werden, und erfreuen sich an einer Art Schatzsuche nach ungeahnten und geahnten Geschmäckern bzw. nach Fähigkeiten und Unfähigkeiten des eigenen Gaumens, feine Geschmacksnuancen zu erkennen.
Das Dialogmuseum bietet für Schulklassen begleitende Workshops an, die das Lernerlebnis vor- und nachbereiten. Auch für Konzerne stellt das Museum in Form von Managementtraining-Seminaren eine großartige Bereicherung dar. Selbst Kindergeburtstage können im Dialogmuseum im Blinde-Kuh-Format gefeiert werden. Eine Reservierung der Besucher ist in jedem Falle unumgänglich und kann bequem über die Bookingline (069 - 90 43 21 44) getätigt werden.
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Lageplan des Dialogmuseums im Frankfurter Ostend
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